Sie stürzen von Hausdächern, springen aus brennenden Häusern oder strecken ihr Gegenüber mit einem geziehen Kinnhaken erbarmungslos nieder: Profistuntmen, die Filmschauspieler in brenzligen Situationen doubeln. Ohne ihr beherztes Vorgehen wäre so mancher Krimi schlicht sterbenslangweilig und Actionfilme völlig undenkbar. Genau diese berufsmäßig harten Männer bieten nun im Filmstudio Babelsberg in Potsdam regelmäßig spannende Workshops an. Hier lernen auch Sie unfallfrei von einem Dach zu purzeln, durch lodernde Flammen zu hechten oder sich nach Strich und Faden zu prügeln …
Na dann: Klappe! Und Action!

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Sie sind die heimlichen Stars des Films: die Profistuntmen, die immer dann einspringen, wenn es selbst für hart gesottene Kerle wie Götz George oder Heinz Hoenig zu heikel wird. Wenn es in Actionszenen gilt durch eine Fensterscheibe zu fliegen, von einem Auto überfahren zu werden, an der Fassade eines Hochhauses entlangzuklettern oder sich aus schwindelerregenden Höhen abzuseilen, sind sie am Set engagiert. Nicht mehr als 80 Stuntmen gibt es in Deutschland. Kein Wunder, denn für diesen nicht ganz ungefährlichen Beruf muss man wirklich geboren sein.

Im ältesten Filmstudio Europas

Die meisten Filmstunts entstehen nicht im Studio, sondern draußen. In den Großstädten, an alten Hafenanlagen, Hochhäusern – wo immer einen das Drehbuch thematisch gerade hinführt. Doch dort wird logischerweise nicht trainiert. Sondern z. B. in Babelsberg bei Potsdam, auf dem Gelände des ältesten Filmstudios in Europa. Weltbekannte Streifen sind seit 1912 vor den grandiosen Kulissenbauten entstanden – zumindest teilweise. Und wahre Filmlegenden sind hier ein- und ausgegangen.

Auf der weitläufigen Anlage befindet sich heute u. a. ein »Vulkan«, die Trainingsstätte der Babelsberg Action Unlimited Productions GmbH. Fitness und eisernes Training sind unerlässlich bei dem aufreibenden Job, den die 30-köpfige Crew ausübt, die aus Akrobaten, Tauchern, Piloten, Polizisten und einem Bademeister (!) besteht. Die Stuntcrew bietet interessierten Besuchern die Möglichkeit hinter die Kulissen zu schauen und am eigenen Leib zu erfahren, wie die gefährlichen Szenen zustande kommen, was ein Descender oder Air Ram ist und mit weichen weiteren Spezialeffekten bei Film und Fernsehen gearbeitet wird. Für alle, die meinen: »No problem! Das kann ich auchl«, finden regelmäßig Wochenendworkshops statt, in denen man die Stunts unter fachkundiger Anleitung selbst ausprobieren kann.

Nervenkitzel garantiert!

Dass man bei dieser Art von Workshop schweißnasse Hände bekommt – wen wundert’s? Nervenkitzel ist an einem solchen Wochenende garantiert. Der zweitägige Grundlagenkurs (Basic I) samt Kampfszenen, Feuerstunts und verschiedenen Sprüngen wirkt noch vergleichsweise harmlos.

Spätestens in Basic II wird es dann richtig spannend. Soll ich oder soll ich nicht den Sprung wagen? Aus dem zweiten Stockwerk eines Hauses. Klar, unten ist ein Luftkissen. Dennoch! Es ist verdammt hoch! Also: tief Luft holen, einfach loslassen und springen! Leichter gesagt als getan. Absoluter Wahnsinn. Und erst die Geschichte mit dem Auto, das in einem Höllentempo unterwegs ist – und man selbst liegt oben auf dem Dach, klammert sich fest. Ob das gut geht? Ganz zu schweigen von der im wahrsten Sinn des Wortes heißesten Nummer, dem Body Fire, einem Stunt, in dem man schlicht und ergreifend brennt. Geschützt sind Sie dabei durch einen Overall, einen Glasfaseranzug und eine Maske. Dann legt Ihnen jemand einen benzingetränkten Mantel um – und gibt Feuer. Sie haben genau 90 Sekunden Zeit, dem Flammeninferno irgendwie zu entrinnen. So lange, und keine zehn Sekunden länger hält der Schutzanzug. Wer würde da nicht ins Schwitzen geraten. Hektische Bewegungen, man rennt, rennt einfach. Doch wohin? Immerhin steht man lichterloh in Flammen. Dabei wären langsame Bewegungen jetzt wesentlich effektiver. Beim nächsten Mal! Keine Sorge: Niemand lässt Sie in dieser wahrlich brenzligen Situation im Stich! Wird die vereinbarte Ziellinie in den unbeschreiblichen 90 Sekunden nicht erreicht, aktiviert der Stunttrainer den Feuerlöscher.

Spiel mit dem Feuer

In den beiden Workshops erhalten Sie atemberaubende Einblicke in die Geheimnisse der Actionszenen. Sie lernen, wie man über die Motorhaube eines Autos fliegt, sich dabei abrollt und sicher wieder auf dem Boden aufsetzt. Trainiert wird an verschiedenen Stationen. Und jedes Mal erfordert der Einsatz Mut und Überwindung. Besonders wenn Feuer im Spiel ist. Wer sich mit einem Sprung durch ein brennendes Fenster in Sicherheit bringen muss, der wird mit seinen Urängsten konfrontiert. Okay, den Sprung als solchen hat man trainiert, das klappt. Auch durch ein Fenster. Aber wenn plötzlich lodernde Flammen aus dem Fenster schlagen, verlässt den einen oder anderen doch der Mut.

Man macht Grenzerfahrungen, und genau darum geht es sicher für so manchen: die eigenen Grenzen zu erkennen, zu lernen, wann man besser aufhören sollte. Beispielsweise in 25 m Höhe, alleine am Ende einer Leiter aus Stahl, auf einer Plattform, von der aus die Personen am Boden wie Playmobilmännchen wirken. Hier soll ich mich abseilen? 25 m in die Tiefe! Man mag kaum runterschauen. Und doch: Einmal fest in den Gurten verschnallt, geht es rückwärts runter, langsam, ganz langsam, bis man am Ende endlich festen Boden unter den Füßen hat. Abermals Adrenalin pur. Wer es wagt, ist begeistert.

Dass man letztlich noch in eine handfeste Schlägerei verwickelt wird, die Fäuste einsetzen muss, um sich zu wehren und doch so richtig eins »aufs Maul bekommt« – auch das gehört zum Alltag eines Stuntmans oder gar einer Stuntfrau. Das eisenharte Team hat in der Tat nicht nur männliche, sondern auch weibliche Mitglieder. Natürlich schlägt Ihnen niemand eine blutige Nase, sondern erklärt Ihnen im Gegenteil, wie man sich so prügelt, dass es so wirkt als ob – und in Wirklichkeit danebenhaut.

Ausbildung zum Actiondarsteller

Wem die harte Linie zu viel wird, der braucht kein höhnisches Gelächter zu befürchten. Es geht ja letztlich u. a. darum, eine vernünftige Selbsteinschätzung zu entwickeln. Und die ist wichtig. Alles andere wäre viel zu gefährlich. Aber vielleicht möchten Sie ja von Aufhören gar nichts wissen, sondern haben gänzlich neue, bisher verborgene Seiten an sich entdeckt. Für solche Kandidaten werden Folgeseminare angeboten, in denen man sich zum Actiondarsteller ausbilden lassen kann – was sollte dann einer Karriere noch im Wege stehen? Stuntmen mit ein wenig Routine können sich dann in eine entsprechende Liste eintragen und werden eventuell angerufen, wenn der nächste Streifen gedreht wird. Wir drücken die Daumen!

Aus der Distanz betrachtet

Wer lieber in der Zuschauerrolle bleibt, erlebt dennoch jede Menge Spannung: Täglich wird im Vulkan eine spektakuläre Stuntshow geboten. 1998 erbaut, bietet er bis zu 2500 Zuschauern Platz. Alleine 15 000 m³ Erde mussten beim Bau bewegt werden, aus der Eifel hat man ca. 120 Tonnen Lava herantransportiert. Die Stuntcrew vollführt atemberaubende Motorradsprünge, Feuerstunts und spektakuläre Stürze. Selbst beim Zuschauen wird man ganz nervös und klammert sich an die Sitze. Nicht nötig: Die Profis wissen, was sie tun. Denn sie tun es fast täglich. Ein Leben am Limit, am Abgrund. Spannender geht es eigentlich kaum!

Infos Stunttraining

Kontakt: Babelsberg Action Unlimited Productions GmbH, Studio Babelsberg, August-Bebel-Straße 26-53, 14482 Potsdam, Tel. 03 31/7 21 27 03, www.action-unlimited.de. Der Besuchereingang ist in der Großbeerenstraße. Die zweitägigen Workshops beginnen jeweils um 10 Uhr und enden um 18 Uhr. Basic I 260 €, Basic II 310 €. Die Preise beinhalten die Workshops, Erfrischungen und Snacks sowie die Stuntshow. Um eine Übernachtung muss man sich selbst kümmern.
Lage und Anfahrt: Potsdam. Man erreicht den Filmpark Babelsberg über die A 115, Abfahrt Filmpark Babelsberg, Ausfahrt Wetzlarer Straße.
Voraussetzungen/Ausrüstung: Mindestalter 14 bzw. 16 Jahre, teilnehmen können Männer und Frauen ohne Altersbegrenzung. Wer den zweitägigen Workshop bucht, sollte in jedem Fall körperlich fit sein, weder Herz- noch Bandscheibenprobleme o. Ä. haben. Bei Schwangerschaft ist eine Teilnahme nicht möglich. Man sollte sich sportlich kleiden und dabei auf Kleidung aus Nylon oder anderen leicht entzündlichen Kunstfasern verzichten. Empfohlen werden vielmehr Trainingsanzüge oder eine Kluft aus Baumwolle, Leder oder anderen schwer entflammbaren Materialien. Auf jeden Fall festes Schuhwerk! Knie- und Ellenbogenschützer sowie Lederhandschuhe und Kleidung zum Wechseln werden empfohlen. Gerne kann eine Begleitperson teilnehmen (15 € für die Verpflegung) und Fotos von Ihrem spektakulären Event schießen.
Essen und Unterkunft: Im Filmpark Babelsberg laden mehrere Erlebnisrestaurants, Biergärten und Cafés zu einer Rast ein. Im Sommer lockt z. B. Münchhausens Biergarten – der Münchhausen-Film wurde hier 1942/43 gedreht. Besonders empfehlenswert auch das Erlebnisrestaurant Prinz Eisenherz mit mittelalterlichen Waffen, Rüstungen – und der Tafelrunde von König Arthus; Tel. 03 31/7 21 27 17.
Etwas ganz Besonderes ist das Filmhotel Lili Marleen, wo man nicht nur gut wohnen, sondern in dem als Kulisse gestalteten Restaurant auch gut essen und in die Welt des Films eintauchen kann. Großbeerenstr. 75, 14482 Potsdam, Tel. 03 31/74 32 00, www.filmhotel.potsdam.de.
Sehenswertes drum herum: Wenn schon einmal vor Ort ist, sollte man sich eine Studioführung durch den Filmpark Babelsberg nicht entgehen lassen. Infos unter Tel. 03 31/7 21 27 50, www.filmpark-babelsberg.de. Geöffnet Anfang April-31. Okt. tgl. 10-18 Uhr, im Sept. Mo und Fr geschl.
Weitere Anbieter von Stunt-Trainings: Hirschfeld Touristik Event GmbH & Co. KG, Regierungsstraße 71, 99084 Erfurt, Tel. 03 61/5 58 11 80, www.hirschfeld.de.
My Days, Tel. 0180-5 95 97 26, www.mydays.de.
Jochen Schweizer, Tel. 0180-5 60 60 88, www.jochen-schweizer.de.

LokalStuntman für einen Tag

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