»Im Falle eines Falles ist richtig Fallen alles« – doch von diesem Fall wollen wir einfach nicht ausgehen! Zumal man ihn verhindern kann, wenn man gut vorbereitet, durchtrainiert und weitsichtig genug ist, sich nicht auf waghalsige Kletterpartien einzulassen, in der Sächsischen Schweiz etwa. Sie ist das wohl schwierigste Klettergebiet Deutschlands – und die Wiege des Freeclimbing -, wo selbst denen schwindelig wird, die festen Boden unter den Füßen haben und vom Tal aus schweißnass zuschauen, wie die Pünktchen an den nackten, steilen Felswänden immer kleiner werden. Aber auch wer nur in ehemaligen Industrieanlagen oder an 30 m hohen Bäumen hochklettert, sollte Vorsicht walten lassen. Denn wie gesagt: »Im Falle eines Falles … «

Im Elbsandsteingebirge

Sie ist das größte Sandsteinvorkommen Europas und die ultimative Herausforderung für passionierte Freeclimber: die bizarre Felsenwelt der Sächsischen Schweiz. Sage und schreibe 1099 zugelassene Klettergipfel gibt es hier, und über 17000 Kletterrouten führen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden an den Wänden empor. Es ist ein einzigartiges Gefühl, wenn man den letzten Meter überwunden hat, mit leicht zitternden Knien auf dem Gipfel steht und hinunterschaut auf die grandiose Landschaft, durch die sich die EIbe wie ein blaues Band schlängelt. Und hinter einem gähnt der Abgrund! Bezwungen mit einem Seil, das in solchen Momenten zum wichtigsten Partner wird. An den Weg zurück mag man gar nicht denken.

Auch wenn sie längst nicht so hoch sind wie die Dolomiten – 560 m erhebt sich der Große Zschirnstein -, schwierig ist es trotzdem, die Schroffen des Elbsandsteingebirges zu bezwingen, zumal hier andere Regeln gelten als im Granit oder im Kalkstein. Der Sandstein ist wesentlich weicher und somit auch empfindlicher, weshalb man z. B. am nassen Fels nicht klettern darf. Nach den Sächsischen Kletterregeln (z. T. seit 1909 gültig) muss auf künstliche Hilfsmittel zur Fortbewegung in der Wand verzichtet werden. Die Absicherung erfolgt traditionell mit Reepschnüren; metallene Sicherungsmittel (Klemmkeile, Friends etc.) dürfen nicht verwendet werden. Auch der Gebrauch von Magnesia ist untersagt, um weder mechanisch noch chemisch die Gesteinsstruktur zu schädigen.

Schließlich wäre da noch der »Elbsandsteinknigge«: Obligat ist natürlich der Gipfelgruß, d. h., allen, denen man auf dem Gipfel begegnet, wünscht man per Handschlag ein »Berg Heil!« Schöne Pflicht, genau wie der Eintrag ins Gipfelbuch. Wer im Elbsandsteingebirge klettern möchte, muss entweder ein alter Hase im Fels und zudem gut informiert sein oder sich einer der Kletterschulen anschließen. Die Experten der Kletterschule Lilienstein z. B. bieten Einsteigerkurse und geführte Touren an.

Im Landschaftspark Duisburg-Nord

Sie ist spektakulär und die wohl ungewöhnlichste künstliche Outdoorkletteranlage Deutschlands: das stillgelegte Hüttenwerk Duisburg-Meiderich. Wo bis 1985 rund um die Uhr das Eisen floss, hangeln sich die Enthusiasten nun an den alten Industrieanlagen empor. Längst sind die Hochöfen, Schachtanlagen, die Gebläsehalle und der Gasometer Teil eines kulturell bedeutenden und überaus stimmungsvollen Landschaftsparks, in dem nicht nur während der Ruhr-Triennale Theateraufführungen, Konzerte, Open-Air-Kino und viele andere kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Als der Deutsche Alpen Verein (DAV) 1990 die Idee realisierte, in dem ehemaligen Erzbunker noch einen Klettergarten zu errichten, war das Staunen groß. Die Wände der früheren Koks- und Eisenerzlager durchsteigen nun Athleten mit hochkonzentriertem Blick, vorbei an kleinen Türmen und Vorsprüngen. Rund 7000 m² Fläche, 350 Routen unterschiedlichster Schwierigkeitsgrade, Hängebrücken und eine Steigeisenkletterwand stehen zur Verfügung.

Wer noch ungeübt ist und sich lieber unter den Augen eines Experten an die Wände wagen möchte, der kann von März bis Oktober beim DAV die verschiedensten Kurse belegen. Für alle anderen gilt: Der industrielle Klettersteig ist vom frühen Morgen bis zum Einbruch der Dunkelheit zugänglich. Stellenweise bietet sich ein fantastischer Ausblick über den bizarren Landschaftspark, durch den noch alte Schienenstränge verlaufen, und auf den Hochofen, an dessen Außenwänden sich ebenfalls Kletterer versuchen.

In Buchenwäldern bei Freising

Ein Sprung in den Wald: Treeclimbing, das Klettern in Bäumen, hat in den Vereinigten Staaten von Amerika schon lange seine Fangemeinde und macht nun auch in Deutschland Furore. Von wegen »Über allen Wipfeln ist Ruh’«! Es sind längst unruhige Zeiten angebrochen – dort oben, zwischen den mächtigen Baumkronen. Mancher Vogel kann ein Lied davon trällern, wie es ist, wenn sich wieder Menschen, mit Seilen und Karabinerhaken gesichert, Stückehen für Stückehen zu ihm emporhangeln. Und dann sogar von Baum zu Baum wechseln, indem sie schwungvoll an einer Art Seilbahn entlangsausen. Ungefährlich ist das ganze Unternehmen nicht. Denn man kennt es noch aus Kindheitstagen: Baum rauf ist bekanntlich nicht dasselbe wie Baum runter! Und genau deshalb sollte man nicht auf eigene Faust klettern, sondern sich von Profis einweisen lassen.

Der Biologe Dr. Martin Goßner ist einer von ihnen. Nordwestlich von Freising, genauer im Thalhauser Forst, bietet er regelmäßig mit seinem Freund und Kollegen Dr. Ulrich Simon Kurse für Anfänger und fortgeschrittene Wipfelstürmer, für Erwachsene und Kinder ab ca. sechs Jahren. Er lehrt die richtige Seiltechnik und begleitet die mutigen Kletterer, wenn es heißt: »Auf die Bäume!« Dabei geht es ihm bei dem dreistündigen Grundkurs nicht allein um den Freizeitspaß.

»Von der Baumkronenforschung kommend, möchten wir auch Wissen vermitteln über den Lebensraum Baumkrone«, so Goßner. Naturerfahrung, die Sensibilisierung für die Schönheit der Bäume und der Erhalt der Lebensgemeinschaften im Baum sind ihm wichtig. »Schaden nehmen die Bäume dabei übrigens nicht, da man am Seil und nicht am Stamm hochklettert.« An sog. Seilklemmen geht es durch den rauschenden Blätterwald in die Höhe. Geklettert wird das ganze Jahr über, bei jedem Wetter – außer bei Gewitter-, meist in rund 30 m hohen Buchen. »Mitmachen kann jeder, der es sich zutraut.«, so Goßner. »Und auf Wunsch klettern wir auch in anderen Wald gebieten, in verschiedenen Baumarten und auch über den Wald hinaus. Immer vorausgesetzt, das zuständige Forstamt gibt grünes Licht.«

Infos Elbsandsteingebirge

Kontakt: Kletterschule Lilienstein, Ebenheit 4, 01824 Königstein, Tel. 03 50 22/4 00 11, www.kletterschule-lilienstein.de.
Lage und Anfahrt: Sachsen. Ca. 40 km südöstlich von Dresden, an der Grenze zu Tschechien, liegt der Nationalpark Sachsische Schweiz. Königstein erreicht man ab Dresden über die B 172.
Essen und Unterkunft: Liebevoll eingerichtete Ferienwohnungen bietet der Ferienhof Schönfelder, Ebenheit 4, 01824 Königstein, Tel. 03 5022/400 11, www.ferienhof-schoenfelder.de.
Das Restaurant Papststein ist eines der ungewöhnlichsten Speiselokale in der Region, wie ein Adlernest in luftigen 453 m Höhe auf dem Papststein gelegen. Schon der Aufstieg (über Treppen!) ist ein Erlebnis. Doch wenn Sie erst einmal oben sind, auf der Felsenterrasse sitzen, die Sonne langsam untergeht und Sie bei einem Glas Wein die köstlichen mediterranen Gerichte genießen, dann werden Sie begeistert sein. Garantiert! Und nachts geht es auf einem dann stimmungsvoll beleuchteten Weg wieder bergab. Restauration Papststein, 01824 Gohrisch, Tel. 03 5021/609 56 oder 435 76, www.papststein.de.Mai-Aug.tgl.11 bis 22 Uhr, in anderen Monaten kürzer bzw. Nov.-März nur Sa, So.

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Infos landschaftspark Duisburg-Nord

Kontakt: Landschaftspark Duisburg-Nord, Besucherzentrum, Emscherstr. 71, 47137 Duisburg, Tel. 02 03/4 291942, www.landschaftspark.de. Infos auch beim Deutschen Alpenverein, Tel. 02 03/42 81 20, www.dav-duisburg.de. Tageskarte Erw. 8 €, Jugendliche (14-18 J.) 3 €, Kinder 2 €. Die Ausrüstung muss man mitbringen, im Landschaftspark kann nichts geliehen werden!
Lage und Anfahrt: Nordrhein-Westfalen. Duisburg-Meiderich ist zu erreichen über die A 42 Abfahrt Duisburg- Neumühl, weiter B 8 Richtung Obermeiderich, Emscherstraße, dort der Beschilderung folgen.
Essen und Unterkunft: Das Hauptschalthaus beim Besucherzentrum ist ein echter Tipp, vor allem am Abend, wenn der Hochofen vis-á-vis bunt illuminiert wird. Längst ist das in der ehemaligen Elektrizitätszentrale untergebrachte Restaurant zum Szenetreff geworden. Im Sommer lockt ein lauschiger Biergarten im Schein romantischer Fackeln. Stilecht isst man Ruhrgebietsklassiker wie Pommes mit Currywurst oder Kibbelinge im Backteig. Emscherstr. 71, Tel. 02 03/ 41 7991 80, tgl. außer Mo.
Wer nicht im Landschaftspark selbst übernachten möchte, wo ein Jugendgästehaus zur Verfügung steht, dem sei das im Grünen gelegene Landhaus Milser empfohlen. 60 hübsche Zimmer mit mediterraner Note. Zur Sandmühle, 47259 Duisburg, Tel. 02 0317 5800

Infos Baumklettern

Kontakt: Loricula, Agentur für Kronenforschung, Ökologische Studien, Determination und Baumklettern, Schussenstr. 12,88273 Fronreute, Tel. 0 75 02/913319, www.loricula.de. Termine im Internet, Anmeldung erforderlich; Grundkurs Erw. 40 €, Kinder 35 €, Ganztageskurse 80 €.
Lage und Anfahrt: Bayern. Freising liegt ca. 35 km nordöstlich von München, Thalhausen selbst zwischen Freising und Allershausen, das eine Ausfahrt an der A 9 hat; von dort Richtung Freising.
Essen und Unterkunft: Das nette Hotel-Restaurant Zum Forst bietet einen erholsamen Aufenthalt in Thalhausen, nicht zuletzt dank der herrlichen Spazierwege, die durch die angrenzenden Laub- und Mischwälderführen.
Von hier aus ist es auch nicht weit zum Arboretum, in dem Sie Hunderte von heimischen wie exotischen Bäumen und Sträuchern bewundern können. Im Winter wird’s gemütlich, wenn man am prasselnden Feuer in der Gaststube sitzt, im Sommer lockt eine Terrasse ins Freie.
Zum Forst, An der Lahn 6, 85402 Thalhausen (bei Freising), Tel. 0 81 66/9456, www.hotel-zum-forst.de.
Ausrüstung: Teilnehmer sollten lange Hosen und festes Schuhwerk tragen. Da das Baumklettern immer mit Risiken verbunden ist, geschieht die Teilnahme an einem Kurs grundsätzlich auf eigene Gefahr und eigene Verantwortung.

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