Ausflüge tief hinein ins Innere der Erde sind reizvoll- bergen aber ernsthafte Gefahren für die Hobbyspeläologen ebenso wie für die empfindlichen Ökosysteme der Höhlen. Denn der Mensch (zer)stört mit Schweiß, Abfall und Trittspuren die oft einmaligen Lebensräume in der klammen Dunkelheit. Um Schäden zu vermeiden, beschränken sich verantwortungsbewusste Veranstalter von Höhlenexkursionen auf wenige ausgewählte Ziele, die sie nur mit kleinen Gruppen erkunden. Oder sie empfehlen geführte Wanderungen, bei denen die Teilnehmer im Lichtkegel der Stirnlampe ebenfalls spektakuläre Einblicke in das felsige Labyrinth der Unterwelt erhalten.

Fränkischer Jura

Ein beliebtes und international bekanntes Ziel der Kletterer, aber auch der Höhlengeher ist der nördliche Frankenjura zwischen den wildromantischen Flusstälern des Obermains bei Lichtenfels im Norden und der Pegnitz im Süden. Dort sind die ohnehin imposanten Kalkfelsen durchzogen von Hohlräumen und Gängen. Fünf Schauhöhlen, darunter die Teufelshöhle in Pottenstein und die Sophienhöhle im Ailsbachtal, ermöglichen eindrucksvolle Besuche unter Tage ohne jedes Risiko. Allerdings suchen immer wieder Menschen den Kick in der Unterwelt, ohne sich der Gefahren für sich und andere bewusst zu sein. »In dramatischen Rettungsaktionen mussten schon Teile von Höhlen weggesprengt und künstliche Ausgänge gegraben werden, um jemanden zu retten, der in einem Spalt festgeklemmt war!« Die Berichte von verantwortungsbewussten Kletterern über das Fehlverhalten anderer sind manchmal haarsträubend. Erfahrene Höhlenkletterer müssen sich häufig über leichtsinnige und rücksichtslose Freizeitsportler, Schulklassen oder Jugendgruppen ärgern, die – meist ohne es zu wissen – enorme, irreparable Schäden verursachen. »Dass sie die Fledermäuse stören, fällt ja einigen noch selber auf. Aber sogar das Eintra- gen von Bakterien kann in diesen extrem spezialisierten Ökosystemen verheerende Folgen haben!«

Als Alternative empfiehlt Wolfgang Geißner vom Naturpark Fränkische Schweiz die abenteuerliche, anstrengende Wanderung »Über und unter der Erde« im Gebiet um Muggendorf, die man ohne Guide unternehmen kann. Trittsicher sollten die Kundschafter im magischen Reich von Molchen, Fledermäusen, Sinterskulpturen und Tropfsteinen für diese Tour allerdings sein. Und Platzangst darf auch niemand haben. Ausgerüstet mit Taschenlampe, Schutzhelm und festen Schuhen erreicht man über einen Felsensteig zuerst die Oswaldhöhle, die seit Jahrhunderten den Menschen aus der Gegend als Versteck diente. Hier heißt es beim Durchwandern: Kopf einziehen und im flackernden Licht der Taschenlampe den Ausgang finden. Noch enger, feuchter und dunkler wird es in den Winkeln der Wunders- und Witzenhöhle, die man mit kurzen Kletterpassagen erkundet.

»Das Kletter- und Höhlenwander-Konzept der Fränkischen Schweiz wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Deutschen Alpenverein, mit den Sportverbänden und den Vertretern des Naturschutzes erarbeitet. Wir wollen dabei mit respektvollem Umgang die Schönheit und Vielfalt unseres Naturraumes genießen, ohne seltene, optimal an ihren Lebensraum angepasste Tier- und Pflanzenarten zu schädigen«, erläutert Geißner. Deshalb sind bestimmte Felsen, Höhlen und Hänge gesperrt oder für sie gelten Zugangsverbote im Winter und ganzjährig Weggebote, während andere Bereiche dem Freizeitsport erschlossen werden.

Grenzerfahrung am Kachelsee

Das Annaloch, eine verwinkelte Höhlenlandschaft bei Kochel am See, ist in den Sommermonaten ein abwechslungsreiches Revier für die Einsteigerexkursionen von Heiko Fröhlich und Christian Schmitt. Die Teilnehmer der Montevia- Touren lassen ihre Rucksäcke am Eingang des Annalochs zurück, denn das Gebot heißt: »Da hinein kommt kein Apfel, keine Zigarette, kein Lagerfeuer, kein gar nix! Weil nicht einmal ein Brösel dort von Bakterien richtig zersetzt würde.« Maximal zehn Gäste und zwei Führer steigen nach der technischen Einführung in die konstant 7°C kühle Höhle ein, werden schon nach wenigen Schritten umfangen von ungewöhnlicher Stille, stockdunkel und feucht ist es. Im eingeschränkten Sichtfeld der Stirn Lampen verändert sich ständig das Blickfeld, werfen Zapfen und Zacken unheimliche Schattenrisse an die Wände, sucht man sich tastend den engen, oft glitschigen Weg tiefer hinein in den Untergrund. Im Reich von Moosen und Molchen wechseln magische Momente mit Augenblicken der Beklemmung.

»Das ist schon ein irres Gefühl, oft auch eine Grenzerfahrung. Einige Teilnehmer erleben hier eine. ungeahnte Geborgenheit, bei anderen kommen Ängste und Erinnerungen aus ihrer Vergangenheit hoch«, weiß der erfahrene Guide. Wer sich im Gewirr von Gängen und in der majestätischen Größe der Felsensäle nicht mehr wohl fühlt, wird von Christian Schmitt oder einem seiner Kollegen wieder ans Tageslicht geführt. Knapp fünf Stunden dauert der spannende Ausflug in die Unterwelt, bei dem die Gruppen Tümpel durchwaten, sich durch enge Löcher zwängen und mit Seilsicherung auch 25 Höhenmeter kletternd überwinden. Die Ausrüstung samt Komplettgurt und Helm wird gestellt, Kondition, Mut sowie Kleidung, die nass und schmutzig werden darf, müssen die Besucher der Unterwelt jedoch selbst mitbringen.

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Infos Fränkische Schweiz

Naturpark Fränkische Schweiz-Veldensteiner Forst, Forchheimer Str. 1, 91278 Pottenstein, Tel. 0 92 43n 08 16, www.naturpark-fsvf.de. www.frankenjura.com. Detailliertes Informationsmaterial über Besucherhöhlen und naturverträgliche Freizeitangebote und das fundierte Kletterkonzept. Die Besucherhöhlen im Jura sind von Ostern bis Ende Oktober zugänglich, teils mit Führungen.
Lage und Anfahrt: Zwischen Erlangen, Bamberg und Bayreuth gelegen, ist der Veldensteiner Forst über die A 9, Ausfahrt Pegnitz zu erreichen.
Essen und Übernachtung: Nach der anstrengenden Höhlenwanderung um Muggendorf lädt der Gasthof  Zur Wolfsschlucht in 91346 Wiesenthal zu einer deftigen Fränkischen Schlachtschüssel oder einem Schweinsschäufala ein. Tel. 0 91 96/3 24.
Am Marktplatz von Pottenstein genießt man in den geschichtsträchtigen Fachwerkmauern des Gasthofs Goldene Krone und des Gästehauses Reussenmühle fränkische Behaglichkeit am Fuße der alten Burg. Marktplatz 2, 91278 Pottenstein, Tel. 0 92 43/9 24 30.
Sehenswertes drum herum: Wanderwege im Naturpark Fränkische Schweiz; mittelalterliche Burgen u. a. in Egloffstein, Pottenstein oder Freienfels; Basilika Vierzehnheiligen; zahlreiche Haus- und Spezialitätenbrauereien, Wellnesstherme Obernsees.

Infos Kochelsee

Montevia, Alte Str. 59, 82431 Kochel am See, Tel. 0 88 51/614630 und 01 62/40077 88, www.montevia.de. Mehrere Einsteigerkurse zwischen Mai und September, ab 79 €.
Lage und Anfahrt: Südbayern. A95, Ausfahrt Murnau/Kochel.
Voraussetzungen: Körperliche Fitness, Schwindelfreiheit und keine Platzangst; Grundkenntnisse im Klettern hilfreich; feste Bergschuhe.
Essen und Unterkunft: Das Hotel Schmied von Kochel vereint modernen Komfort mit der Tradition des Oberlandes. Schlehdorfer Str. 6, 82431 Kochel am See, Tel. 0 88 51/90 10, www.schmied-von-kochel.de.
Rustikal und familiär ist das Zimmerangebot im idyllischen Ferienhof der Familie Streidl, wo im blühenden Gästegarten neben der hauseigenen Kalkbrennerei der Tisch mit Leckereien aus der Region gedeckt ist. Kocheier Str. 15,82431 Kochel am See/Ried, Tel. 0 88 57/69 74 53.
Sehenswertes drum herum: Wandermöglichkeiten im Gebiet des Kochel- und Walchensees sowie am Herzogstand; Wasserkraftwerk Waichensee; Ausflüge u. a. nach Murnau, Garmisch-Partenkirchen oder München.
> Tageswanderungen im Outdoorblog

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