Zugegeben, es sind nicht die sandigen Dünentäler der Sahara oder die steinige Endlosigkeit der Wüste Gobi, die man in unseren Breiten als Teil einer Karawane mit vierbeinigen Begleitern durchstreift, aber für erste Trekkingerfahrungen mit Tieren sind auch die Hügel des Hochtaunus, die sattgrünen Wellen im nördlichen Schwarzwald oder die Kornfelder in der Saarpfalz ein lohnendes Ziel. Mit Lena, Dschingis oder Guschka am Führstrick wird sogar eine Kurzwanderung durch Wald und Wiese zum Erlebniscocktail aus Spaß, Sport und tierischem Eigensinn.

Mit Eseln durch das Saarland

Alf und Liesel sind zwei routinierte, geländesichere Trekkingesel. Sie sind vertrauensselig und treu, freuen sich über kleine Aufmerksamkeiten von Zweibeinern, wie etwa ein Kraulen hinterm Ohr oder eine frische Karotte. Im Grunde wandern sie auch gerne, nur manchmal eben nicht. »Esel sind bekanntlich Sturköpfe. Wenn sie stehen, dann hilft kein Drücken oder Bitten, kein Ziehen, Anfeuern, Locken, Schieben oder Betteln! Und wenn er die Ohren nach hinten gelegt hat, ist er wirklich ärgerlich!« Michael Haas kann mindestens genauso stoisch sein wie seine 1,35 m hohen Tiere, mit denen er gemütliche Tagestouren der Umgebung von Schwalbach-Elm bei Saarlouis durchführt. Auch mehrtägige Etappenwanderungen für Paar oder Kleingruppen, bei denen Haas seine Gäste samt Esel jeden Tag zu einer neuen, reizvollen Wegstrecke chauffiert, sind im Angebot.

Der Besitzer eines Landhotels setzt seine italienischen Hausesei gerne als tierische Animateure für große und kleine Besucher ein. Im deutsch-französischen Grenzgebiet führt er seine kleinen Karawanen auf alten Schmuggler- und Bergmannspfaden durch Sandsteinschluchten und bunte Wälder. Werden die Kinder müde, dürfen sie ein Stück auf Alf oder Liesel reiten. Und bei den Pausen erfahren die tierliebenden Wanderer eine Menge Details über den Charakter ihrer neuen vierbeinigen Freunde. Vor allem aber kennt Michael Haas auch die einzige wirkliche Schwäche des Herdentieres im Umgang mit seinem gelegentlich überforderten Leit-Menschen: Der Esel ist notorisch neugierig und kann es überhaupt nicht leiden, wenn er nicht beachtet wird. Deshalb empfehlen erfahrene Eselführer bei Sturheitsattacken: »Konsequent ignorieren, etwas völlig anderes machen, das Tier kommentarlos stehen lassen – und schon bald wird es sich wieder in Bewegung setzen, um nur ja nichts Spannendes zu verpassen!«

Den Pfälzer Wald mit Eseln entdecken

Einige Veranstalter wie Matthias Blaß bieten mehrtägige Eseltrekkings unter fachkundiger Leitung in deutschen Mittelbergsregionen an. Ziel seiner sechstägigen, familientauglichen Tour ist das Biosphärenreservat Pfälzer Wald, bei der die Teilnehmer mit ihren Lasttieren auf genehmigten Lichtungen campieren. Neben der täglichen, ca. 10 km kurzen Wanderetappe auf idyllischen Wanderwegen prägt der Service am Lasttier den Tag: Neben dem Frühstück stehen Fell- und Hufpflege an Schweiß und Staub werden grundlich vom Esel geputzt; danach müssen Tragegeschirr und Gepäck befestigt werden. Bei Pausen erhalten die Tiere einen Schattenplatz und etwas Futter, abends baut die Wandergruppe einen Pferch und entlässt ihre Begleiter für die Nacht auf die kleine Weide, bevor die Zelte aufgestellt werden. Als Gegenleistung für die Fürsorge tragen die Trekkingesel Franzi, Fine und Mo jeweils bis zu 45 kg Gepäck und sorgen für lustige Episoden unterwegs.

Eselexperten sehen die Chancen für echte Trekkingtouren mit Tieren in Deutschland mit Skepsis: »Im Gegensatz zu Frankreich oder Spanien gibt es bei uns bürokratische Hürden, wie etwa Fragen des Tierschutzes, der Haftung oder auch des Naturschutzes. Und ein Eselbesitzer gibt seine Schätzchen nicht so einfach aus der Hand«, resümiert Michael Zuber aus Gumbsheim, der über seine Internetplattform die Kontakte zwischen den deutschen Eselfreunden organisiert. Auch das Führen der Grautiere ist für Laien schwieriger als die sich das vorstellen.»Nicht jeder Mensch kann sich als Alpha-Tier durchsetzen, das klappt schon bei Hunden manchmal nicht, geschweige denn bei Eseln.

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Klare linie für das Lama

Deutlich exotischer als Esel, aber wie alle Herden- und Fluchttiere hierarchisch strukturiert sind die Lamas aus Südamerika. Die wolligen Paarhufer werden von der Schwielensohle bis zu den Ohrspitzen rund 1,75 m hoch und gelten als »im Prinzip einfach zu führen«, sagt Dr. Tilman Richter von Lama-Llamera. Aber: »Sie spüren sofort die Gemütslage ihres Führers. Wenn der Mensch nicht bei der Sache ist, tändelt auch das Lama herum. Es braucht eine klare Linie, kein Wischi-waschi!« Und so wird bei den Lama-experten im Naturpark Hochtaunus der geplante gemütliche Nachmittag zu einem spontanen Training in Führungskompetenz. Zwölf speziell ausgebildete Tiere sind dort vom Familienausflug bis zum Managementtraining im Einsatz. »Wenn ein Lama aufgehalftert wird, weiß es: Jetzt geht’s an die Arbeit! Und dann bekommt der Gast schnell und ungefiltert vom Tier eine Reaktion auf sein Verhalten«, berichtet Richter. Entgegen eines weit verbreiteten Vorurteils spuckt ein Lama nur selten. Stattdessen verweigert es seinem zu lauten, ruppigen, zaghaften, unkonzentrierten oder anderweitig nicht überzeugenden menschlichen Leittier auf  Zeit durchaus die Gefolgschaft – egal, ob am Zügel ein Kind oder ein Generaldirektor zerrt. »Tiere betreiben keine Karriereplanung, die lassen sich falsches Verhalten schlichtweg nicht gefallen!«

Konsequent geführt sind die Neuweltkameliden jedoch sehr geduldig, lassen sich vom Straßenverkehr nicht aus der Ruhe bringen und steigen bei Bedarf sogar in einen Fahrstuhl oder in ein Eisenbahnabteil, versichern ihre Besitzer. Allerdings: »Vorn Kuscheln hält ein Lama gar nichts; es mag keine Romantik – und trabt nach der Tour schnell wieder zu seiner Herde auf die Weide.« Trotzdem werden sie von den Besuchern der Kisselrnühle in Eltville als origineller Beistand auf einer Glühweinrunde durch die Weinberge oder einer Kulturwanderung zum berühmten Kloster Eberbach im Rheingau geschätzt.

Im Allgäu arbeitet indes Klaus Eberle von Lama-Bewegung die Route für eine geplante Alpenüberquerung mit seinen Tieren aus. »Abseits vom Fernwanderweg E 5, durchs Walsertal, wo es ruhiger ist«, soll die Route führen. Vorerst sind seine neun Lamas vor allem bei zweitägigen Hüttentouren mit Familien, Gruppen und Individualisten im Einsatz. Sie tragen geduldig den Schlafsack und die Kochausrüstung, sind in jedem Gelände trittsicher und zeigen als »Wahnsinnsindividualisten« ihren zweibeinigen Begleitern, wo es langgeht. »Ich bin vorne dran und dann führen die Lamas die Leut’«, erzählt Eberle.

Kamelhöcker im Schwarzwald

Im Vergleich zu den vierbeinigen Südamerikanern sind baktrische Trampeltiere, dem Laien besser bekannt als Kamele, dem Menschen gegenüber doch deutlich aufgeschlossener. Da sie keine natürlichen Feinde haben, gelten sie als selbstbewusst, zuverlässig und berechenbar. Als Lasttiere können sie bis zu 450 kg Gewicht tragen und bis zu 50 km am Tag schreiten. Ihre nahen Verwandten, die einhöckrigen Dromedare, sind besonders ausdauernde Reittiere. Vor rund 30 Jahren importierten Tierfreunde die ersten Wüstenschiffe nach Deutschland, gewöhnten ihre Tiere langsam an die kühleren, feuchteren Wetterbedingungen, an ungewohntes Grünfutter und den Umgang mit fremden Menschen. Inzwischen hat sich z. B. der Kamelhof von Wilhelm Breitling im Nordschwarzwald zum größten seiner Art in ganz Europa entwickelt. Ausritte auf den lässigen Trampeltieren sind eine Attraktion für Kindergeburtstage, Betriebsausflüge und Individualisten, die den Wellnesseffekt der sanften Schaukelrunden loben. »Kamele strahlen eine beruhigende Gelassenheit aus, was sich auf gestresste Reiter oder auch hyperaktive Kinder sehr entspannend auswirkt«, berichten die Fachleute.

Infos Eseltrekking

Fragen und Antworten zum Thema Trekking bei Sportlerfrage nachschlagen

Kontakte: www.eseltrekking.org: Internetplattform für Eselfreunde mit vielen Informationen über die Zucht und Haltung von Hauseseln sowie Anbieter von Quartieren für individuelle Wandertouren.
Farn, Haas, c/o Hotel Mühlenthal, Bachtalstr. 214, 66773 Schwalbach, Tel. 0 6B 34/9 55 90, www.muehlen-
thal.de. Geführte Halbtagestour mit Eselsbegleitung und Picknick 20 € pro Pers.; mehrtägige Arrangements mit Übernachtung im Hotel auf Anfrage.
Matthias Blaß, Wilonstr. 24, 72072 Tübingen, Weilheim, Tel. 0 70 71/25 67 30, www.wildniswandern.de.
Voraussetzungen: Tierliebe, Geduld, bequeme Kleidung, feste Schuhe.

Infos Lama- und Kamel- trekking

Kontakte: Lama-Llamera, Fam. Richter, Stockheimer Weg 2b, 61250 Usingen, Tel. 0 60 81/68051, www.lama-
llamera.de. Umfangreiches Angebot an Tagestouren, Seminaren und Events im Taunus; Lama-Wanderung ab 45 €, Kamelreiten ca. 65 € / Std.; Kooperationen mit Hotels und Gasthöfen in der Umgebung.
Rheingau Lamas + Alpakas, Fam. Kraft, Kisselmühle, 65346 Eltville, Tel. 0 67 23/ 873 60, www.kisselmuehle.de. Tageswanderungen mit Lamas im Rheingau; je nach Arrangement und Dauer um 55 € inkl. Eintritte und Verpflegung.
Lama-Bewegung, Klaus Eberle, Tiefenberg 9, 87527 Ofterschwang, Tel. 0 8321/7 2213; www.lama-bewegung.de.
Kamelhof Rotfelden, Wilhelm Breitling, Kamelweg 1,72224 Ebhausen-Rotfelden, Tel. 0 70 54/81 25, www.kamelhof.de.
Verein der Züchter, Halter und Freunde von Neuweltkameliden e.V., Alte Steige 34, 87600 Kaufbeuren, Tel. 0 8341/14803, www.trekking-lamas.de. Forum und Infobörse rund um die Haltung von Lamas und Alpakas (Haustierformen) sowie der Guanakos und Vikunjas (Wildtierformen) .
Voraussetzungen: Tierliebe, Geduld, bequeme Kleidung, feste Schuhe.

alpakasAlpakas –  Trekking mit Esel und Lama und Alpakas

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